Güterwagenpark - Zusammensetzung

Dieser Artikel stand im HP1, im richtigen, in Heft II/2002.

Nachdem ich eine gewisse Anzahl von Güterwagen auf die Drahtkupplung (siehe HP1....) umgerüstet hatte, stellte sich mir immer häufiger die Frage, wie viele Exemplare von welcher Bauart eigentlich erforderlich wären, um die Mischung des Vorbildes halbwegs ordentlich wiederzugeben, so dass ein vorbildgemäßer Güterwagenpark entsteht. Dabei ist klar, dass eine solche Betrachtung nur für bestimmte Gruppen von Typen sinnvoll sind. Das Auftauchen von Spezialwagen ist von den vorhandenen Verladern und Empfängern abhängig. Auch das Verhältnis von gedeckten zu offenen insgesamt ergibt sich aus der Struktur des Güteraufkommens. Aber innerhalb der einzelnen Gruppen, kurze oder lange Gedeckte, offene Wagen, Rungenwagen sollte die Mischung in etwa stimmen.

Die Bestandszahlen der Güterwagen findet man in einem Heftchen, das - wer wohl? - Diener und Carstens herausgegeben haben. Als Stichtag habe ich den 31.12.1960 gewählt, denn mein Vorbildzeitraum heißt "um 1960", mit einem gewissen Akzent auf dem "um", denn so kann ich den Omm39 noch und z.B. den Glmms61 schon mitnehmen, obwohl sie sich im richtigen Leben wahrscheinlich nicht begegnet sind.

Tabelle 1
TypMengeModell-
menge
G025401
G1019.50016
G202.1502
Ghs308.2507
Gmhs315801
Gms358.6007
Gms392.3202
Gms441.1401
Glmhs5012.65010
Gms5413.94611
Gmmhs562.6622
Gmms605441
Gesamt61

Ausgegangen bin ich bei meinen Betrachtungen vom Gm(s)39, von dem ich zwei Exemplare, Fabrikat VACEK, hergerichtet habe, Puffer, Radsätze etc. von Weinert, Beschriftung von Gaßner, also einiger Aufwand. Wenn ich also einen Gm39 und einen Gms39 habe, wieviel müsste ich dann von den anderen Typen dazutun? Die Tabelle 1 rechts zeigt das Ergebnis: etwa 1 Modell je 1200 Vorbildexemplare.

Diese Aufstellung barg einige Überraschungen. Zum einen hätte ich nicht gedacht, dass es noch so viele G10 gab. Da ist es schmerzlich, dass es - nach dem ROCO-Flop - immer noch kein wirklich brauchbares Modell dieses Wagen gibt; meine sind aus MÄRKLIN-Wagenkästen und ROCO- oder PIKO-Fahrgestellen zusammengebastelt. Nun, diese Sorge ist seit dem BRAWA-G10 glücklicherweise Geschichte. Andererseits hatte ich stets das Gefühl, wegen der obligaten Sonderserien, die man dann nach einigem Zögern doch wieder kauft, viel zu viele Glmhs50 zu besitzen. Dem ist aber keineswegs so. Eine weitere Überraschung war die Zahl der G20. Ich dachte immer, davon hätte ich vergleichsweise viel zu wenig. Von wegen, die waren ziemlich selten. Aber die Hauptüberraschung war die sich ergebende Gesamtmenge. Ziemlich viele, nicht wahr?

Nun ist ein kleiner Ausflug in die Welt des Zufalls angebracht. Wir meinen im allgemeinen instinktiv, dass eine zufällige Verteilung mehr oder weniger gleichmäßig ist. Das ist aber Quatsch, auch wenn dies Missverständnis populär ist. Eine zufällige Verteilung ergibt immer scheinbare Muster. Dass alle 12 Smr35, die es 1960 noch gab, sich an einem Bahnhof treffen, kann "zufällig" vorkommen, wenn auch mit geringer Wahrscheinlichkeit (o.k., Heimatbahnhof oder so ausgeschlossen). Dass sie genau gleichmäßig übers Netz verteilt sind, ist aber ebenso unwahrscheinlich. Und gleichermaßen unwahrscheinlich ist, dass eine Menge Güterwagen genau die Verteilung aufweist, die der relativen Häufigkeit entspricht. Überarbeiten wir unsere Liste noch einmal und nehmen dabei an, dass ein Gm(s)39 der Statistik entspricht und der zweite "zufällig" da ist. Dann ergibt sich die Tabelle 2 mit einem Verhältnis von einem Modellgüterwagen je etwa 2400 Vorbildern.

Tabelle 2
TypMengeModell-
menge
G025400
G1019.5008
G202.1501
Ghs308.2504
Gmhs315801
Gms358.6004
Gms392.3202
Gms441.1401
Glmhs5012.6505
Gms5413.9466
Gmmhs562.6621
Gmms605440
Gesamt33

Das sind immer noch sehr viele G10, da werden dann "zufällig" nicht so viele auf der Strecke sein.

Von allen anderen langen Gedeckten vom Gl06 bis zum Glmms61 übrigens gab es insgesamt gerade einmal 2700, das wäre genau ein einziger im Verhältnis zu den kürzeren. Aber das Vorkommen dieser Wagen hängt vom Ladegut ab: Leichte, voluminöse oder nicht stapelbare Güter. Wo die transportiert werden müssen, sind sie natürlich überproportional vorhanden.

Für die offenen Güterwagen sähe die Sache wie folgt aus: Ausgegangen bin ich hierbei von den Omm33, von denen ich relativ viel habe, alte und neue PIKO-Modelle und dasselbe noch einmal von LILIPUT; dabei sind die handgebremsten wegen des falschen Bremserstandes schon ausgemustert. Das Ergebnis zeigt Tabelle 3. 60 Stück sind für eine umfangreichere Rübensession an sich nicht zu viel, aber man muss auch einkalkulieren, dass ja realistischerweise eine gewisse Anzahl auswärtiger EUROP-Güterwagen unbedingt dazugehört (zum Ausgleich befindet sich natürlich eine entsprechende Zahl deutscher EUROP-Güterwagen im Ausland). Darum habe ich noch eine zweite Spalte ausgerechnet mit drei Omm33 als Rechenbasis, die dann etwa das gleiche Vorbild-Modell-Verhältnis ergibt wie bei den Gedeckten von Tabelle 2. (Das ist nicht zwingend, denn auch beim Vorbild ist das Verhältnis von O- zu G-Wagen vom Frachtaufkommen abhängig.)

Tabelle 3
TypMenge1 : 14001 : 2300
Om0440000
Om126.30043
Om211.10011
Om3125000
Omm2990010
Omm324.00032
Omm336.90053
Omm344.15032
Omm3723.8501510
Omm39/491.14510
Omm421.87811
Omm435.10942
Omm442.56221
Omm461.76111
Omm5214.323106
Omm53/5410.50074
Omm5510.73185
Gesamt6840

Auch hier gibt‘s natürlich Probleme bei der Umsetzung. Der Omm37 dominiert 1960 noch den Wagenpark, und ausgerechnet hiervon gibt es nicht genug Modelle. Das preiswerte ROCO-Modell muss man laut Carstens mit dem ebenfalls nicht teuren PRIMEX-Modell mischen, plus einiger weiterer Änderungen, um zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen, was dann wieder nicht so preiswert ist. Bleibt das von KLEIN. Also, liebe Firma M+D, wenn schon die vielen Sonderpackungen sein müssen, dann wäre eine preiswerte mit einigen Omm37 jedenfalls bei mir willkommen. Von anderen Typen hat man dann wieder viel zu viele. Bei mir z.B. der Om04 von PIKO, der eine mit dem Fachwerkachshaltern des TRIX-Fahrgestells, ein weiterer mit Bremserhaus auf FLEISCHMANN-Chassis, und dann noch die Neuauflage von PIKO. Da muss der Zufall wieder eingreifen. Und auch bei den offenen Güterwagen wieder die gleiche Überraschung: Die im Bewusstsein so prominenten Om21 spielten im Erscheinungsbild der Güterzüge praktisch keine Rolle! Gut, dass wir jetzt gleich zwei richtige Modelle haben, von ROCO und BRAWA. Und seit 2011 noch ein weiteres von Liliput, zwar preiswert trotz vieler eingesetzter Teile wie z.B. Laternenhalter, aber mit riesigen Bretterfugen...

Bei den EUROP-Güterwagen gibt es natürlich die Schwierigkeiten, die schon in der MIBA 12/98 dargelegt wurden und die sich seither nicht wesentlich verringert haben. Altbaugüterwagen für den EUROP-Park gibt es nur für Italien (offene und gedeckte von LASER), Frankreich (gedeckte von HUET), Dänemark (Bausatz eines gedeckten von HELJAN). Von den UIC-Standard-Typen gibt es zwar alle Grundmodelle, die aber aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen meist ohne EUROP-Beschriftung auf dem Markt erscheinen.

Zum Schluss noch ein Blick auf die R-Wagen. 1960 war der Rms31 noch der häufigste, dicht gefolgt vom R10, sie stellten zusammen die Hälfte des Bestandes von 21.553 Stück. Nächster war der Rmms33 mit 3000 Stück, R02 (!) folgte mit 2150 Stück, fast genausoviel brachte der Rlmms56 auf die Schiene, Rlmms58 kam auf 1370 Stück (das Bild änderte sich schnell, zwei Jahre später bildeten die Neu- und Umbautypen schon die Hälfte eines auf fast 27.000 Stück gestiegenen Wagenparks). Wo bleibt das Modell vom Rmms33? Gibt es, PIKO sei Dank. Und den R02 von FLEISCHMANN und sogar von BRAWA den Rr20, der aber - siehe G20 und Om21 - wie alle Aus­tausch­bau-Güter­wagen eher selten war.

Interessant auch der Bestand bei den SS-Wagen: Noch 990 SS15 waren vorhanden, und vom SSlmas53 1961 schon Stück (zwei Jahre später 3641!). Erster Sieger war aber 1960 noch der SSkm49 mit 3200 Stück. Größte Modelllücke: Der SSlma44, der noch 1260 Stück beitrug. BRAWA hat den SSlma44 für 2015 angekündigt, im Januar ist er erschienen. Vom Austauschbau-SSlm25, dessen Modell LILI­PUT ins Programm genommen hat, gab es 1960 noch 140 Stück, weniger als 1,5 % des gesamten Bestandes an SS-Wagen.

Der Nutzen dieser Betrachtungen? Wenn man sich - von Null anfangend - vornimmt, einen Güterwagenpark aufzubauen, sind solche Mengenbetrachtungen sicher eine gute Vorbereitung. Aber in der Situation sind die wenigsten. Meistens haben wir uns über die Jahre zusammengekauft, was erhältlich war und was wir uns leisten konnten. Aber was man zu einem Treffen mitbringt, oder was man zu einem Ganzzug zusammenstellt, dafür können die Bestandszahlen schon eine gewissen Grundlage bilden. Und als Schutzvorrichtung gegen sinnlose Käufe mögen sie auch dienen. Drei Glmghs36 habe ich mittlerweile mit verschiedenen Betriebsnummern, ganze 14 gab es davon 1960! Sorry, ROCO, die nächste Neuauflage mit geänderter Betriebsnummer wird an mir vorübergehen! Was auch nicht immer funktioniert. Wieviele Om21-Modelle habe ich jetzt? Zu viele.